Montag, 28. November 2011

Bildungsstandards - eine Reflexion


„Schule ist eine Institution, die Lebenschancen verteilt.“  (Schelsky, Helmut Soziologe)
Quelle: Auf der Suche nach der Wirklichkeit. Düsseldorf 1965, S. 137 ff.

Bildungsstandards mögen in den Augen konstruktivistischer Anhänger ungeeignet erscheinen, handlungsorientierte Freiheiten und Kreativität zuzulassen. Allzu sehr mögen in den Vorstellungen starre Raster im Vordergrund stehen, welche durch Bildungsstandards vermittelt werden.

Das Eingangszitat von Schelsky mag aber auf einen zusätzlichen Sachverhalt hinweisen: Bildungschancen und durch die Schule ermöglichte Lebenschancen sind nicht gleichverteilt. – Insofern können Bildungsstandards eine Minimalauflage darstellen, welche zu erfüllen sind, um eine gleichmässigere Verteilung von Lebenschancen zuzulassen und gar zu fördern.

Dabei muss nicht eine Anpassung von Oben nach Unten erfolgen im Sinne: „Wir beschneiden die Kreativen und Lösungsorientierten und erreichen so eine „Gleichverteilung“. Vielmehr mag es als Minimalziel zu verstehen sein, welches von allen zu erfüllt ist, um für jeden Lernenden die Durchlässigkeit unseres Bildungssystems überhaupt zugänglich zu machen. 

Die reflexartige Abwehrhaltung konstruktivistisch geprägter Pädagogen erscheint in diesem Zusammenhang voreilig. Die beiden nachfolgenden Schaubilder aus Deutschland mögen hier zumindest eine Annäherung geben und darauf verweisen, dass sozioökonomische Aspekte zu beachten sind. Wir erkennen Leistungsunterschiede zwischen verschiedenen sozioökonomischen Gruppen und wir erkennen Unterschiede in der Schullaufbahn. Es gilt, die Ressourcenunterschiede aus bildungspolitischer Sicht auszugleichen und Angeboten zu lancieren, welche die Stärken aller hervorhebt. Insofern dienen Bildungsstandards als Referenzgrösse, um bildungspolitisch tätig werden zu können








Studien wie TIMSS, PISA, IGLU / PIRLS ermöglichen es, Anhalts- und Referenzpunkte zu bekommen, wo das eigene Schulsystem steht. Bildungsstandards dienen damit als Diagnoseinstrument und mögen Missstände aufdecken / dafür eine Sensibilität entwickeln lassen. 

Die Reaktion auf die Vergleichsergebnisse mag auf einem anderen Blatt Papier stehen. Individuelle Bildungsprozesse wie die Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen, Stärken und Lerntempi mögen damit nicht ausgehebelt werden. Womöglich erfahren sie eine stärkere Berücksichtigung

Vorsicht mag sicherlich darin bestehen, welches die Vergleichskriterien sind. Der Entwurf einer jeden Prüfung mag hier aber mit den gleichen Problemen konfrontiert sein, nämlich: 
    - Was prüfe ich? 
    - Wie bewerte ich? 
    - Was sind die "richtigen" Antworten und welche weiteren Antworten lasse ich als Alternative oder als Annäherung zur "Musterlösung" zu? 

    Hier gilt es eine gemeinsame Sprache zu finden und darauf zurückzugreifen, was gemeinsame Erfahrungen darstellen. Dies gilt sowohl beim Entwurf von Bildungsstandards als auch bei der Zusammenstellung einer Prüfung.