Donnerstag, 27. Oktober 2011

Bundesgesetz über die Berufsbildung - Hintergründe & Übersicht

Der Kommentar des Bundes zum Berufsbildungsgesetz hebt die Einheitlichkeit des Systems hervor mit dem Zweck, die Berufe ausserhalb des Hochschulbereichs untereinander vergleichbar zu machen. Wörtlich heisst es auf der Homepage des BBT:
"Erstmals werden mit dem Berufsbildungsgesetz sämtliche Berufe ausserhalb der Hochschulen einem einheitlichen System unterstellt und damit untereinander vergleichbar. Das Berufsbildungsgesetz hat die in anderen Bundeserlassen geregelten Berufe der Land- und Forstwirtschaft aufgenommen. Neu sind auch die bisher kantonal geregelten Berufsbereiche Gesundheit, Soziales und Kunst (GSK) Teil der eidgenössischen Berufsbildungspolitik."
Damit legt der Bund die Grundlage, einheitliche Standards zu setzen und eine vergleichbare berufliche Basis zu schaffen. Das Befolgen einheitlicher Richtlinien in der beruflichen Grundbildung ist Garant dafür, Transparenz zu erzeugen. - Es wäre z.B. schwer vorstellbar, wenn jeder Kanton für sich seine Berufsbildung in sehr eigenständiger Weise kreieren würde und z.B. der technische Zeichner im einen Kanton für seine berufliche Grundbildung zwei Jahre zu absolvieren hätte, während er im anderen Kanton in einer ausführlicheren Grundbildung eine dreijährige Berufsausbildung geniessen würde. Negative Folgen könnten wie folgt sein:
  • Mehrkosten durch Nachqualifikationen durch interkantonalen Stellenwechsel
  • Mehrkosten durch Prüfung und Gegenabgleich der lokalen Erfordernisse mit den vom Arbeitnehmer aus einem anderen Kanton mitgebrachten Erfordernisse
  • Verunsicherung durch fehlende gemeinsame Sprache
Die Folgen wären somit volkswirtschaftlicher Natur mit Mehrkosten und erschwerter Durchlässigkeit bei Stellenwechsel. In den Zielen des Bundes heisst es etwa:

Die Revision des Berufsbildungsgesetzes (BBG)
  • [...]
  • fördert die Durchlässigkeiten im (Berufs-)Bildungssystem
  • [...]."
Zudem dürfte es für die Schweizer Volkswirtschaft von Vorteil sein, eine einheitliche berufliche Grundbildung nach Aussen / ins Ausland zu kommunizieren. Berufsabschlüsse in der Schweiz dienen damit einem einheitlichen Gütesiegel "Made in Switzerland". Auch für einen ausländischen Mitbewerber ist es damit nachzuvollziehen, worauf er sich einlässt, wenn er es mit Arbeitnehmern aus unterschiedlichen Kantonen zu tun bekommt. - Durch vom Bund vorgegebene Leitlinien wird erst eine schweizweite Abstufung von Niveaus und Leistungsstandards erst möglich. In den Zielvorgaben des Bundes heisst es:

"Ziele des Berufsbildungsgesetzes       
Die Revision des Berufsbildungsgesetzes (BBG)
  • [...]
  • lässt neben der traditionellen Lehre Raum für Grundbildungen mit hohem Schulanteil und praktisch ausgerichtete Bildungen mit eigenem Qualifikationsprofil für schulisch Schwächere
  • [...]."



-  Nachfolgend die Gesetzesartikel des schweizerischen BBG  -



Bundesgesetz über die Berufsbildung   
(Berufsbildungsgesetz, BBG)
vom 13. Dezember 2002 (Stand am 1. Januar 2011)

Inhalt
1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen
2. Kapitel: Berufliche Grundbildung
3. Kapitel: Höhere Berufsbildung  
4. Kapitel: Berufsorientierte Weiterbildung 
5. Kapitel: Qualifikationsverfahren, Ausweise und Titel 
6. Kapitel: Bildung von Berufsbildungsverantwortlichen 
7. Kapitel: Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung 
8. Kapitel: Beteiligung des Bundes an den Kosten der Berufsbildung; Berufsbildungsfonds 
9. Kapitel: Rechtsmittel, Strafbestimmungen, Vollzug 
10. Kapitel: Schlussbestimmungen

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen

2. Kapitel: Berufliche Grundbildung

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen
2. Abschnitt: Struktur
3. Abschnitt: Anbieter
4. Abschnitt: Aufsicht
5. Abschnitt: Eidgenössische Berufsmaturität

3. Kapitel: Höhere Berufsbildung

4. Kapitel: Berufsorientierte Weiterbildung

5. Kapitel: Qualifikationsverfahren, Ausweise und Titel
1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen
2. Abschnitt: Berufliche Grundbildung
3. Abschnitt: Höhere Berufsbildung

6. Kapitel: Bildung von Berufsbildungsverantwortlichen

7. Kapitel: Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung

8. Kapitel: Beteiligung des Bundes an den Kosten der Berufsbildung; Berufsbildungsfonds
1. Abschnitt: Beteiligung des Bundes an den Kosten der Berufsbildung
2. Abschnitt: Berufsbildungsfonds

9. Kapitel: Rechtsmittel, Strafbestimmungen, Vollzug
1. Abschnitt: Rechtsmittel
2. Abschnitt: Strafbestimmungen
3. Abschnitt: Vollzug

10. Kapitel: Schlussbestimmungen


Sonntag, 23. Oktober 2011

Berufsbildung in der Schweiz - Rahmenbedingungen in der Schweiz

Verantwortungsträger für die Berufsbildung in der Schweiz ist das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD). Sämtliche Kompetenzen in diesem Bereich sind hierbei im Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) gebündelt. Das BBT stellt sich selber auf seiner Homepage wie folgt vor: 

"Das BBT ist das Kompetenzzentrum des Bundes für Fragen der Berufsbildung, der Fachhochschulen und der Innovation.

 "

Das BBT wiederum ist mit den Bildungsinstitutionen der Schweizer Kantonen sowie mit etwa 600 Berufsverbänden verlinkt. Damit spielt das BBT eine zentrale Rolle hinsichtlich der Koordination der Schweizer Berufsbildung; es ist Dreh- und Angelpunkt in sämtlichen Diskussionen, welche die Berufsbildung anbelangt. 

In den Kantonen selber übernehmen die jeweiligen Bildungsdirektionen die Verantwortung und tragen bundespolitische Entscheide weiter in die Kantone; sie gewährleisten deren Umsetzung. Zu beachten ist dabei, dass die Kantone zwar für den Vollzug der Vorschriften zuständig sind, nicht jedoch für Aspekte des Arbeitsgesetzes oder der Arbeitslosenversicherung. Dabei handelt es sich um Angelegenheiten, welche in der Regel in der Verantwortung des jeweiligen kantonalen Amtes für Wirtschaft und Arbeit (AWA) liegt. 

Weitere intrakantonale Institutionen, welche in der Schweiz in die Rolle von Koordinatoren der Berufsbildung schlüpfen, sind: 
Neben den staatlichen Institutionen besitzen die Verbände und Spitzenverbände, welche in den OdA (Organisationen der Arbeitswelt) zusammengefasst sind, bedeutende Vollzugsaufgaben und waren in der Geschichte der Schweizer Berufsbildung tragende Säulen und Anstossgeber. So war der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) wesentlich mitbeteiligt bei der Schaffung der dualen Berufsbildung in der Schweiz. Ein anderes Beispiel ist KV Schweiz (Kaufmännische Verband Schweiz), welchem regional die Funktion der Trägerschaft von kaufmännischen Berufsfachschulen obliegt. Zwei Koordinationsorgane sind heute aus den OdA hervorgegangen: "Bildungsgewerkschaften" und "SQUF" (Arbeitgeber-Netzwerk für Berufsbildung). - Die Funktionen der OdA sind heute vielseitig: 
  • Inhalte der beruflichen Grundbildung gehen heute wesentlich auf das Engagement der entsprechenden OdA zurück.
  • Es sind die OdA, welche für den Nachwuchs von Prüfungsexperten sorgt. 
  • Die OdA führen Berufs- und höhere Fachprüfungen durch. 
  • Die OdA sind letztlich verantwortlich für die Überbetrieblichen Kurse (ÜK) und leiten Ausbildungszentren.

Sonntag, 16. Oktober 2011

Bildungswesen in der Schweiz - Übersicht


Das Bildungswesen in der Schweiz zeigt folgende Struktur:

Datei:Schweizer Bildungssystem.svg 

Das obige Schaubild zeigt das Schulsystem in der schweiz in seiner groben struktur und Übersicht. Unter dem Kürzel Standard International Standard Classification of Education (ISCED) verbirgt sich ein Standard / eine Klassifizierung und Charakterisierung von Schultypen / Schulsystemen von der UNESCO.

Die obligatorische Schulzeit beginnt mit der Primarstufe. Sie dauert je nach Kanton zwischen vier und sechs Schuljahre. Dem schliesst sich die Sekundarschule (Sekundarstufe I) an. Ziel und Zweck der Sekundarstufe I ist es, die Schüler auf die Sekundarstufe II (Berufsbildung oder Fachmatura / Fachmittelschule oder Maturitätsschule) vorzubereiten. Ebenso wie für die Lehrpläne sind die Kantone auch für die inhaltliche Organisation der Sekundarstufe I verantwortlich. Grundsätzlich kann die Sekundarstufe I gegliedert werden in …
  • ... Schulen mit Grundansprüchen
  • ... Schulen mit erweiterten Ansprüchen
  • ... Schulen, welche keine besonderen Selektionen vornehmen
Darüber hinaus gibt es Kantone, in welchen die Durchlässigkeit zwischen verschiedenen Niveaustufen eine besondere Unterstützung erfährt. Auch das Modell einer „integrierten“ Oberstufe, in welcher sich sämtliche Leistungsniveaus in einer Klasse befinden, findet eine Anwendung.

Zu beachten ist, dass die Sek-I grundsätzlich aufgeteilt werden kann in Schultypen mit Grundlagenansprüchen (Realschule oder Sekundarschule B). Der Schultyp mit den erweiterten Ansprüchen wird sehr unterschiedlich bezeichnet und taucht je nach Kanton als „Sekundarschule A“, „Bezirksschule“, … auf.

Je nach Kanton halten sich die Schüler zwischen 3 und 5 Jahren in der Sekundarstufe I auf.
Danach folgt die Sekundarstufe II (nicht mehr obligatorisch). Rund 95 % der Schüler besuchen heute die Sekundarstufe II, wovon 88% die Stufe erfolgreich abschliessen (vgl. Berufsbildung in der Schweiz von E. Wettsetin und P. Gonon; S.36). Der Aufteilung auf die einzelnen Dek-II-Angebote entsprechend traten vor einigen Jahren 5‘800 Lernende in die Fachmittelschule / Fachmatura (FMS) ein, 23‘200 Lernende traten in ein Gymnasium ein und rund 78‘100 Lernende entschieden sich für die Berufsbildung.

Betrachten wir zunächst die berufsbildenden Ausbildungsrichtungen:
In Form einer zweijährigen Grundbildung erhalten die Lernenden den Abschluss eines sog. Berufsattestes. In Form einer drei- oder vierjährige Grundbildung absolvieren die Lernenden eine Berufslehre mit eidgenössischem Fähigkeitsauszeugnis. Hier sind die Lernenden damit konfrontiert, ihre Leistungen in der Berufsfachschule, im Lehrbetrieb sowie in sog. überbetrieblichen Kursen zu erbringen.

Im Rahmen der Berufsbildung kann ein Abschluss mit Berufsmatura erbracht werden. Hierbei handelt es sich um eine allgemeinbildende Schule, welche die drei- oder vierjährige berufliche Grundbildung voraussetzt und ergänzt. Die Berufsmatura kann entweder parallel zur beruflichen Grundbildung absolviert werden oder eben nach der beruflichen Grundbildung.

Die Berufsmaturität gibt es in sechs Fachrichtungen:
  • technische
  • kaufmännische
  • gestalterische
  • gewerbliche
  • naturwissenschaftliche
  • gesundheitliche / soziale Richtung (relativ neue Richtung)
Sechs Grundlagenfächer stehen dabei im Vordergrund:
  • erste Landessprache
  • zweite Landessprache
  • dritte Sprache
  • Geschichte/Staatslehre
  • Volkswirtschaft/Betriebswirtschaft/Recht (VBR)
  • Mathematik
  • Neben den Grundlagenfächer werden richtungsspezifische Schwerpunktfächer und Ergänzungsfächer angeboten.
Wie die Fachmittelschule / Fachmatura ermöglicht die Berufsmittelschule zur Teilnahme an der Fachhochschule. In Kombination mit einer einjährigen Passerelle berechtigt die Berufsmatura gar zur Teilnahme an einer universitären Hochschule.

Betrachten wir weiter die allgemeinbildenden Ausbildungsrichtungen, wozu folgende zwei Schularten zählen:
  • Maturitätsschulen (Gymnasien)
  • Fachmittelschulen (FMS)

A)    Maturitätsschulen (Gymnasien)
Gymnasien können entweder als sog. Langgymnasien (sechs Jahre ab Anschluss an die Primarschule) oder als Kurzzeitgymnasien (vier Jahre im Anschluss an das achte / neunte Schuljahr) absolviert werden. Sie sind Voraussetzung für einen Zugang zum Hochschulstudium und zählen zu den allgemeinbildenden Schulen.
Das Gymnasium verfügt über fünf Grundlagenfächern, einem Schwerpunktfach (Wahl aus acht Fächern) und einem Ergänzungsfach (Wahl aus 13 Fächern); am Ende der Matura wird eine Maturaarbeit erbracht. Die Anforderungen an die Matura sind im Maturitätsanerkennungsreglement (MAR) vom Februar 1995 festgehalten. Darüber hinaus gibt es Gymnasien, welche wie die Pädagogische Maturitätsschule in Kreuzlingen (PMS) von diesen Standards abweichen.

B)    Fachmittelschulen (FMS)
Fachmittelschulen vermitteln neben einer vertieften Allgemeinbildung Vorbereitungswissen auf bestimmte Berufsfelder; im Gegensatz zu den Gymnasien sind sie auf die …
  • Berufsbildung,
  • höhere Fachschulen (HF),
  • Fachhochschulen (FH) mit einer Wahl aus rund 300 Studiengängen in 11 Fachbereichen an sieben Schweizer Fachhochschulen   
… fokussiert. Die Fachmittelschule dauert drei Jahre. Die Aufnahmebedingungen werden kantonal geregelt. Der Abschluss erfolgt mit dem Fachmittelschulabschluss (Erstabschluss) oder der Fachmaturität.