Sonntag, 11. Dezember 2011

Strukturierung von Lerninhalten

Der Erfolg eines handlungsorientierten Schulunterrichts liegt letztlich darin, inwiefern es gelingt die eigenen Denkprozesse und Ergebnisse zu strukturieren und zu ordnen. Dies wird umso notwendiger, je komplexer die Problemstellungen sind. Das Eidgenössisches Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB) (Vonlanthen 9.01.06 / 17.11.07) setzte sich mit den Zielen, den Methoden und den Einsatzmöglichkeiten von Strukturierungstechniken im Schulkontext auseinander.


1. Ziele

Ausgangspunkt sind komplexe Sachverhalte, bei denen es darum geht, sie nach bestimmten Kriterien und Beziehungsgesichtspunkten zu strukturieren sowie "exemplarisch darzustellen". Damit - so die Verfasser des Textes - werden folgende Ziele verfolgt:
  • Didaktische „Aufbereitung“ von Inhalten
  • Inhalte für die Lernenden besser fassbar machen, da eine Reduktion erfolgt
  • Ordnung
  • Zusammenhänge und Gesetzmässigkeiten aufzeigen


2. Methoden der Strukturierung

Zwei Mapping-Verfahren werden vorangestellt:

  • Mind Map  
  • Concept Map (Begriffsnetz oder Sachstruktur)  

(A) Mind Map

Hier geht es um eine übersichtliche grafische Anordnung von Begriffe, Ideen, Gedanken mittels Zweigdiagramm (mit Haupt- und Nebenäste).



Als Regeln zum Verfassen eines Mind Maps geben die Autoren an:

  • leeres Blatt im Querformat nehmen
  • zentralen Begriff, das Thema, in die Mitte notieren
  • um den zentralen Begriff die Hauptäste (Hauptgedanken) notieren
  • die Hauptäste erweitern um die Nebenästen (Nebengedanken)
  • Zu Haupt- und Nebenästen Notizen, Bilder, Grafiken hinzufügen

Nachfolgend ein Beispiel: 

 
Abbildung: Mind Map zum Thema Mind Map (Quelle: Müller, 2001)


(B) Begriffsnetz (Concept-Map oder Sachstruktur)

Als wesentlicher Unterschied zum Mind Map wird hier angegeben, dass nicht ein zentraler Begriff in der Mitte steht, sondern dass mehrere zentrale Begriffe miteinander in Beziehung stehen und sich gegenseitig beeinflussen.

Zudem werden die Beziehungen nicht durch eine Liniendarstellung ausgedrückt. Es werden vielmehr mittels Pfeilen Kausalitätsrichtungen vorgegeben, wie nachfolgendes Beispiel zeigt:

Als Regeln zum Verfassen eines Begriffsnetzes geben die Autoren an:

  • einzelne Begriffe, werden in einen "sinnvollen Zusammenhang" gestellt. 
  • "Begriffe, die eng miteinander verbunden sind, sollten recht nahe beieinander liegen."
  • Begriffe, welche nicht in das Netz passen, werden beiseite gelegt.
  • Begriffe nur einmal verwenden
  • Begriffe, zwischen denen eine Beziehung besteht, miteinander mit einem Pfeil verbinden
  • "Relationen bilden: Schreiben Sie an jeden Pfeil, inwiefern Begriffe miteinander zu tun haben. dabei spielt auch die Richtung der Beziehung (die Pfeilrichtung) eine wesentliche Rolle. Die Relationen können verschiedenen Charakter haben, z.B. [a] zuordnen (hat, ist ein, braucht, ...), [b] werten (schont, schädigt, ...), [c] eine Handlung charakterisieren (wandelt um, zeigt, liefert, verursacht, ...), usw."

Wichtig:

  • Es gibt zahllose richtige Verbindungen / Netze. 
  • Komplexität nimmt mit der Anzahl Begriffe zu: "Es empfiehlt sich die Zahl der zu verwendenden Begriffe zu beschränken. Realistische Grössenordnung: 6 – 12 Begriffe." 
  • Zusätzliche Möglichkeit für den Unterrichtseinsatz: Gebrauch sog. „Referenznetze“ (etwa für die Prüfungsvorbereitung). => Wirkung: Orientierung und Verbindlichkeit.

(C) Links und Anschauungs-Beispiel

  • Sammlung von Begriffsnetzen: http://www.mvo.ehb-schweiz2.ch/Sachstruktur.htm
  • Unterscheidung von Mind Map und Concept Map: http://www.learn-line.nrw.de/angebote/selma/foyer/projekte/hammproj4/difference.htm
Möglicher Klassen-Auftrag (Beispiel 1): ein Mind Map und ein Begriffnetz zu einem vorgegebenen Lehrbuchtext entwickeln.
  • "Zeitaufwand: Mind Map und Begriffsnetz entwickeln etwa 1 h 
[...]
  • 1. Entwickeln Sie zu diesem Text ein Mind Map.
  • 2. In einem nächsten Schritt verfassen sie dazu auch ein Begriffsnetz
  • Zur Vereinfachung verwenden Sie die Schlüsselbegriffe aus dem Text: ...
[...]
  • Sie können natürlich auch noch zusätzliche Begriffe in ihr Begriffsnetz einbauen.
[...]
  • Falls Sie das Mind Map und das Begriffsnetz mit dem Computer zeichnen möchten finden Sie ebenfalls im Anhang unter den Internetlinks Angaben zu download-Möglichkeiten von zwei nützlichen Programmen (Mind Map: MindManager Smart; Begriffsnetz: SMART Ideas)."


3. Einsatzmöglichkeiten von Begriffsnetzen im Fachunterricht

Das EHB sieht den Nutzen zusammengefasst in folgenden Punkten:

  • Darstellung von Sequenzierungen und zeitlichen Abfolgen (z.B. von Lernzielen)
  • Übersicht von Beziehungen und Plausibilität von Abfolgen und Kausalitäten mit der Wirkung der Unterstützen von Lernprozessen 
  • Darstellung eines schrittweisen Aufbaus 
  • Abbild eines Lernprozesses
  • Darstellung und Verständnisentwicklung einer Sachstruktur 
  • Darstellung eines „Referenznetzes“: Orientierungshilfe und Wiedergabe einer verbindlichen Wissensstruktur => "Begriffsnetze lassen sich auch zur formalen Bewertung von Lernleistungen verwenden. Zu diesem Zweck müssen jedoch klare Kriterien festgelegt werden, gemäss derer man die fertigen Netze mit bestimmten Punktzahlen belegen will. Mögliche Bewertungskriterien sind:
    1. die Anzahl der einbezogenen Teil-Begriffe 
    2. die Anzahl der richtigen Verknüpfungen im Begriffsnetz 
    3. die „Beweglichkeit“, mit der sich jemand in diesem Netz zurechtfindet, d.h. die Verknüpfungen in beliebiger Reihenfolge und Richtung gedanklich durchschreiten kann. Vergleichen Sie dazu http://www.math-edu.de/Concept_Mapping/Unterricht_CM.html"

r das Vorgehen schlägt das EHB vor:

  1. Begriffskarten werden von der Lehrperson vorbereitet und von den Lernenden sortiert. Unbekannte Begriffen können weggelegt werden. 
  2. Begriffskarten werden auf eine Papierunterlage gelegt und je nach kausaler Nähe zueinander geordnet. 
  3. Pfeile werden eingezeichnet und beschriftet. 
  4. Fertiges Begriffsnetz wird von der Gruppe präsentiert.


4. Eigene Lerninhalte strukturieren 

Möglicher Klassen-Auftrag (Beispiel 2): Um einen Lerninhalt aus dem eigenen Fach zu strukturieren schlägt das EHB vor:

"Zeitaufwand: Text auswählen und Begriffsnetz entwickeln etwa 1 h, Auswerten und Rückmelden etwa 1 h

1. Wählen Sie einen Text aus ihrem Lehrbuch zu einem Thema, das Sie aktuell im Unterricht behandeln oder einen Begriff oder Sachverhalt aus Ihrem Lehrplan.
2. Entwickeln Sie dazu ein Begriffsnetz

3. Tauschen Sie Ihren Text (falls er als Grundlage diente) und Ihr Begriffsnetz mit einem Kollegen oder einer Kollegin aus der Studiengruppe aus. 

4. Beurteilen Sie das Begriffsnetz und verfassen Sie eine Rückmeldung:
  • Erster Eindruck: Ist das Netz übersichtlich? Finden sich die Lernenden zurecht? 
  • Entspricht das Netz den formalen Anforderungen (Anzahl verwendeter Begriffe, keine Mehrfachverwendung von Begriffen, Beschriftung der Pfeile, Pfeilrichtung)? 
  • Werden im Begriffsnetz die wesentlichen fachlichen Schlüsselbegriffe verwendet? Ist das Netz inhaltlich korrekt, ist es verständlich? Für welche Lernschritte ist das Netz hilfreich?
5. Tauschen Sie ihre Rückmeldungen wieder aus."




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