Samstag, 3. Dezember 2011

"Wie Lernaufträge den Unterricht beleben"

Rainer Hofer  thematisiert in seinem Artikel "Wie Lernaufträge den Unterricht beleben" (Folio Nr. 4/2010) die Vorzüge und Gestaltung von Lernaufträgen im Unterrichtseinsatz. 

Gemäss Hofer bilden Lernaufträge ein Fundament, um Lehrpläne handlungsorientiert umzusetzen. Im Vergleich mit den klassischen Lehr-Lern-Arrangements steht nicht mehr die blosse Abarbeitung von W-Fragen im Vordergund, sondern die Gestaltung eines handlungsorientierten Unterrichts, in welchem die Bearbeitung von Aufträgen zentral ist. Durch die Aufträge ist der Lernende gezwungen, nach eigenen Wegen zu suchen. Dadurch verharrt der Lernende nicht mehr nur auf der K1-Stufe der Bloomschen Taxonomie, sondern schreitet weiter auf die darauf aufbauenden Taxonomiestufen. Lernen wird somit mehrdimensional und spricht nicht nur das Auswendiglernen von Wissenselementen an, sondern dehnt den Lernbegriff aus auf die Analyse, das Bewerten und die Kreation neuer Ideen / Ansätze. 

Rainer Hofer stellt in seinem Beitrag die Kriterien und die Struktur eines gelungenen Lernauftrages vor. Dabei beschreibt er die Formvorlage mit folgenden Punkten wie folgt:
  • "Auf der Frontseite des Papiers werden die Rahmenbedingungen geklärt und die Lernziele aufgeführt, welche zum Schluss des Lernauftrags [als Referenz für die] Selbsteinschätzung der Lernenden überprüft werden."
  • "Ab der zweiten Seite folgen nach der ... 
... Nennung der Ausgangslage/Vorentlastung,
... die einzelnen Aufträge,
... bei Bedarf auch ein Glossar [sowie] ein Literaturverzeichnis oder Hinweise zur Zusatzliteratur.


Die Lernsequenzen gestalten sich aus Sicht von Hofer für die Lehrperson wie folgt:

=> Ausgangslage/Vorentlastung: Die Lehrperson steigt in das Thema ein, umreisst den Lektionenkontext und lässt die Lernenden zunächst einmal im eigentlichen Lernauftrag ankommen. Dadurch wird das Lernzeitgedächtnis der Lernenden aktiviert; es findet eine Vorsensibilisierung statt. Hauptsinn dieses Parts ist es an bereits bekanntem Wissen der Lernenden anzuknüpfen. Folgende Fragen könnten sich hier anschliessen:
  1. Was weiss ich, wo kann ich anknüpfen?
  2. Was ist das Ziel?
  3. Womit komme ich ans Ziel? 
=> Fachinformation:
  1. Im Falle neuer Begriffe oder Schlüsselwörter empfiehlt Hofer ein Glossar anzufügen  um diese nachschlagen zu können ("Umgang mit unverstandenen Wörtern oder Texten ist zu kultivieren"). 
  2. Die Recherche von Fachinformationen können darüber hinaus mit Aufträgen ergänzt werden.
=> Aufträge:
  1. Hofer empfiehlt, Lernaufträge um so mehr zu portionieren (d.h. in Teilaufträge zu gliedern), je schwächer die Lernenden sind.
  2. Darüber hinaus propagiert Hofer eine klare Kommunikation des Produktes im Vorfeld. Was soll also das Ergebnis am Ende der Bearbeitungsphase sein? Damit fällt es den Lernenden leichter, sich auf den Auftrag zu konzentrieren.
 => Reflexion:  Am Ende der Auftragserfüllung gilt es zurückzuschauen: Was wurde gut gemacht? Was würde anders angegangen werden? Was ist eine erfolgreiche Strategie? Wie soll vorgegangen werden, wenn etwas nicht gelingt?
Was sind die Hemmschwellen für eine erfolgreiche Durchführung eines Lernauftrages?
Hofer geht hierbei auf die nachfolgenden Punkte ein:
  • Lehrnaufträge brauchen bisweilen eine ausgedehnte Planungs- und Vorbereitungszeit. - Deshalb empfiehlt es sich einen Pool an Lernaufträgen durch Zusammenarbeit von Lehrkräften bereitzustellen. => Schaffung von Synergien. 
  • Klärung der Rahmenbedingungen wie Zeitbedarf, Ort, Hilfsmittel, Sozialform.
  • Lernziele sind bekannt und beziehen sich auf relevante Themen des Bildungsplanes. => Ein zielfokussiertes, effizientes und effektives Arbeiten wird möglich, was zur Steigerung der Motivation beiträgt.
  • Anknüpfung am Vorwissen durch Voranstellung einer Ausgangslage.
  • Stufengerechte Portionierung der Aufträge. => Leistungsschwächere Schüler mit detaillierterer Portionierung und detaillierteren Teilschritten.
  • Aufträge sind nicht nur als W-Fragen formuliert, sondern bieten Problemstellungen. => Repertoire der Handlungsorientierung wird erweitert. 
  • Selbstreflexion (d.h. Nachdenken über kognitive und metakognitive Strategien) am Ende der eigentlichen Bearbeitungsphase. => Lernen wird nicht der Intuition überlassen, sondern einer bewussten Reflexion ausgesetzt.


Was ist das Design "guter" Lernjobs? - Dieser Frage geht Roland Noirjean nach und stellt folgende Kriterien auf: 
  1. Formale Kriterien 
  2. Inhaltliche Kriterien 
  3. Sprachliche Kriterien

1. Zu den formalen Kriterien:  

Roland Noirjean empfiehlt eine LernJobvorlage als Raster und Grobaufbau und führt dazu folgende Elemente auf:

Kopf
für Datum, Titel, Autor, Kompetenzbereich
Advance Organizer
für eine Übersicht über den Inhalt
Informationsteil
für die nötigen Informationen über den Lerninhalt
Was ist zu tun? / Jobs to do
Aufgabenstellung an sich
Reflexion
für Angaben zur Evaluation


Roland Noirjean empfiehlt zwischen 2-10 Seiten, welche ein Corporate Design aufweisen:
Schrift
z.B. "Verdana oder Trebuchet 10 Punkt, Titel 20 Pt. fett, Zwischentitel 12 Pt. fett, linksbündig"
Bilder
"wenn möglich auf der rechten Spalte"
Jobs
"sind zur klaren Unterscheidung 10% grau hinterlegt"
Spalten
"Vorgabe durch LernJobvorlage. Die rechte Spalte bleibt mehrheitlich frei (für Notizen)."


2. Zu den inhaltlichen Kriterien:  
Roland Noirjean weist darauf hin, dass die gesamte Bloomsche Taxonomie abgedeckt werden soll und eine aktive Auseinandersetzung mit dem Stoff das Ziel ist. Er definiert dies wie folgt:
"
Anbinden, einordnen, andocken, Bezug herstellen, grobe Orientierung, (voraus)organisieren Was weiss ich schon? Wo kann ich das einordnen?
Kombinieren, elaborieren, erweitern, verbinden, zusammenfügen, ergänzen, visualisieren Welches sind die Unterschiede / Gemeinsamkeiten?
Treffen, auf den Punkt bringen, reduzieren, Kernaussagen herausarbeiten, verbalisieren Was sind die drei zentralen Aussagen?
Informieren, Zusatzinformationen einholen, klären, nachschlagen, verifizieren Was heisst....? Was bedeutet ...?
Verankern, Transfer herstellen, trainieren, anwenden, [auf andere Situationen übertragen] Woran ist es zu erkennen? Was wird anders sein?
"
3. Zu den sprachlichen Kriterien:  
Roland Noirjean fasst die sprachlichen Kriterien mit der Abkürzung STARK zusammen:
"
Spannender Aufbau, Dramaturgie, Struktur, pro Satz ein Gedanke. Schreibe für das Ohr.[...]
Sind Struktur und Ablauf nachvollziehbar?
Treffende Ausdrücke. Wortschatz. Synonyme suchen. Präzis und bildhaft beschreiben
„Sitzen“ die Ausdrücke? Ist klar, was gemeint ist?
Aktiv formulieren. „Handelnde“ Verben. Direkte Sprache. Zur Sache kommen
Handelt die Sprache? Welche Verben werden wie eingesetzt?
Richtige Schreibweise, Rechtschreiberegeln korrekt angewendet. Genauigkeit.
Wie schreibt man ...? Ist der Text überarbeitet? Gegengelesen?
Kurze Sätze: 5-10 Wörter pro Satz. Optimale Verständlichkeit: durchschnittlich 8-9 Wörter
Wie lang sind die Sätze? Macht man besser zwei daraus?
"
Neben den Kriterien ist es erforderlich, den Lernenden diese bzw. einen Teil dieser transparent zu machen. – Nach welchen Gesichtspunkten wird der Lernauftrag somit bewertet?  => Erfordernis einer Evaluation – Bereitstellung von Erfolgskriterien in Form von Rubrics.

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