Sonntag, 20. November 2011

Kompetenzen als Persönlichkeitsdimension - eine Reflexion

Kompetenzen (lat. competere ... zusammentreffen, ausreichen, zu etwas fähig sein, zustehen) sind förmlich die Substanzen, welche wir im pädagogischen Kontext formen, entwickeln und vertiefen wollen. Welche Kompetenzen wir formen, entwickeln und vertiefen wollen hängt aber eng damit zusammen, worin unsere Prioritäten liegen und welches Menschenbild wir pflegen. Ein Menschenbild könnte folgende Elemente beinhalten:
  • NEUGIERDE
„Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig.“
(Albert Einstein, 14.03.1879 - 18.04.1955)
„Die Neugier steht immer an erster Stelle eines Problems, das gelöst werden will.“
(Galileo Galilei, 15.02.1564 - 08.01.1642)
  • INDIVIDUALITÄT
„Die Welt hat so viele Mittelpunkte, als es Menschen gibt.“
(Gerhard Szczesny, deutscher Schriftsteller (1918 - ), in „Das sogenannte Gute 1“)
  • ENTWICKLUNG
„... denn nur die genügende Entwicklung des Menschen auf jeder vorhergehenden Stufe bewirkt ... eine genügende vollendete Entwicklung jeder folgenden späteren Stufe.“
(Fröbel (1826),  in: Die Menschenerziehung)
„Wir verlangen, das Leben müsse einen Sinn haben - aber es hat nur ganz genau so viel Sinn, als wir selber ihm zu geben imstande sind.“
(Hermann Hesse (1877-1962))
  •  ABSTRAKTION, KOMPLEXITÄT
„Der kleinste Stein, der vom Dache fällt, erschüttert die Welt.“
(Wilhelm Busch (1832-1908), in Spruchweisheiten & Gedichte)
  •  INTERAKTION

Mit dem Entscheid, was wir den Lernenden weitergeben wollen, bestimmen wir bis zu einem bestimmten Grad die Rolle der Lehrkraft und deren Aufgaben. Folgender Zusammenhang kann festgehalten werden:


In „Kompetenz – Kompetenzmessung: ein (kritischer) Überblick“ (S. 4) betonen die Autoren Doris Edelmann und Rudolf Tippelt, dass es zu einem Umdenken in der Erziehung kommen muss. Die Fähigkeit zum „selbstständigen Denken, Handeln und Verantworten“, „zum offenen und flexiblen Eingehen auf sich schnell verändernde Anforderungen“, „zum konstruktiv-kreativen Verarbeiten neuer Informationen und Erfahrungen“ sowie „zum Denken und Handeln in globalen Verstehens- und Verantwortungszusammenhängen“ sind zentrale Pfeiler schulischer Bildung.

Sie stellen dabei den Kompetenzbegriff, wie er von Tippelt et al. (2003, S. 350) vertreten wird, voran:


Fachkompetenz:
„domänenspezifisches Wissen, besondere sensomotorische Fertigkeiten und fachliche Urteilsfähigkeit, mit denen sich Herausforderungen der Arbeits- & Lebensbereiche sachkundig bewältigen lassen“

Methodische und instrumentelle Kompetenz:
„die Beherrschung von Kulturtechniken (Fremdsprachenkenntnisse, […]),Verständnis im Umgang mit Informationstechnologien sowie kreatives Potenzial für die Problemlösung von Aufgaben, […]“
Inhaltliches Basiswissen:
„naturwissenschaftliche, sozialwissenschaftliche und ethische Grundkenntnisse aus den Bereichen Geschichte, Literatur, Pädagogik, Soziologie, Politik, Philosophie, Mathematik, Biologie,Technik etc.“

Soziale und kommunikative Kompetenz:
„Ausdrucksfähigkeit, Teamfähigkeit, Fähigkeit zur situationsgerechten Selbstdarstellung, Empathie sowie soziale Verantwortung im Sinne von Toleranz und Solidarität“


Personale Kompetenz:
„Befähigung zur adäquaten Einordnung persönlichen Erfahrungswissens, Entwicklung von Selbstbewusstsein und Identität, effektives Selbstmanagement sowie individuelle Dispositionen im Umgang mit Wissen (Offenheit, Reflexionsfähigkeit, Urteilsvermögen)“


Sie verstehen die Kompetenzen als Dimensionen der menschlichen Persönlichkeit. Diese Persönlichkeit entwickelt sich, passt sich an und geht neue Wege. Eine Persönlichkeitsentwicklung ist somit dynamisch und verlangt von der Lehrkraft, diese Dynamik und die Veränderungen in den Kompetenzfeldern zuzulassen oder gar zu fördern.

Edelmann und Tippelt stellen in diesem Zusammenhang den Kasseler Kompetenz-Raster voran. Der Kompetenz-Raster propagiert Aufgaben, die Probleme aus dem Alltagsbereich darstellen. Die Konfrontation mit Problemen sowie deren Auseinandersetzung und Lösung sind hierin zentral. In gewisser Weise bedeutet diese Konfrontation eine Schärfung der Persönlichkeitsstruktur. Die Kompetenzen können sich ausdehnen und können verfeinert / sensibilisiert werden. Anders als Tippelt et al. unterscheidet das Kasseler-Kompetenz-Raster (KKR) lediglich zwischen Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz. In der Synthese dieser Kompetenzfelder spricht das KKR von Handlungskompetenz, welche „das Individuum befähigt »selbst organisiert, zielgerichtet, situationsbedingt und verantwortungsbewusst betriebliche Aufgaben zu erfüllen“.




Tippelt, R./Mandl, H./Straka, G.
(2003): Entwicklung und Erfassung von
Kompetenz in der Wissensgesellschaft –
Bildungs- und wissenstheoretische
Perspektiven. In: Gogolin, I./Tippelt, R.
(Hrsg.): Innovation durch Bildung.
Beiträge zum 18. Kongress der Deutschen
Gesellschaft für Erziehungswissenschaft.
Opladen,S. 349-369.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen