Dienstag, 21. Februar 2012

Bologna-Prozess - Vorbild für die Sekundarstufe II?


 
Oscar Wild sprach einst: 

"Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert."

Wohl kann man dem Zitat Recht geben, wenn man für die Individualität der Menschen einsteht. Da jeder Mensch einmalig ist, ist er zugleich auch aussergewöhnlich. In diesem Wissen ist es somit naheliegend, den Menschen individuell zu fördern und seine Ressourcen an die Oberfläche zu holen. In einer Welt, in der der Konstruktivismus in den Schulen Einzug hält, mag dieses Zitat an Ausstrahlung dazugewinnen. Letztlich kann der Durchschnitt als der bequeme Weg bezeichnet werden, mit den bestehenden Normen mit zu schwimmen und sich weniger mit Kräfteaufwand dagegen zu wehren.

Hier kann der "Durchschnitt" gleichgesetzt werden mit dem Begriff "Standards". Dabei sind wir bereits mitten in der Diskussion über den Bologna-Prozess, welcher durch die Standardisierung eine Vergleichbarkeit bewirken möchte. - Der Bologna-Prozess propagiert Vergleichbarkeit. Er sieht vor, ein Leistungspunktesystem, das  European Credit Transfer System (ECTS), einzuführen, um die Mobilität zwischen den unterschiedlichen Hochschuleinrichtungen zu steigern. Zusätzliche Freiheiten werden hier nicht erreicht, sondern Pflichterfüllung und ein Verlust der Identität der eigenen Schule generiert. Hinzu kommt, dass die Standardisierung auf die Inhalte wirkt, welche über alle Bologna-Befürworter ergossen wird.

Ein weiteres Kriterium / Resultat des Bologna-Prozesses sind schnelle Abschlüsse, um arbeitsmarktfähig zu sein. Dabei löst sich die Bildung weg von den zu lernenden Kompetenzen und entwickelt sich hin zu einer Bildung am Fliessband (vgl. anschliessender Videobeitrag).



Auf die Frage, ob der Bologna-Prozess ein Vorbild für die Sekundarstufe II ist, so ist sie überwiegend mit NEIN zu beantworten. Die Individualisierung sowohl der Bildung vor Ort beim Lernenden als auch die Individualisierung der Region und der Wettbewerb von Schulen und Universitäten gehen verloren. Begrüssenswert mag sein, dass kleinere Lerneinheiten, sog. Module, angeboten werden und eine flexible Wahl von Kursen möglich / eine Fokussierung auf Stärken möglich sind. Auch auf Ebene der Sekundarstufe II mag eine Modularisierung Positives bewirken und die Lernenden können sich für ihre Stärke entscheiden bzw. diese  weiterentwickeln (Durchlässigkeit im Bildungssystem).

Jedoch: Ein Mittel, welches den Zweck besserer Vergleichbarkeit erzeugt, kann eben sehr schnell nicht nur eine Standardisierung sondern auch ein Identitätsverlust hervorrufen. Bildungsreformen, welche eine Standardisierung zum Zweck höherer Kontrolle bewirken, machen die Bildungslandschaft unikonform und eintönig.

 

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